Meine Gedanken und Wünsche zum Thema Risikowahrnehmung, beim Tourengehen.

Backcountry-Splitboarden und Skifahren ist sehr beliebt. Die Qualität der Ausrüstung hat sich stark verbessert und die Auswahl ist riesig. 

Voraussichtliche Lesedauer: 8 Minuten

Die Wintersportgebiete überarbeiten ihre Richtlinien für das Tourengehen ausserhalb der Pisten und versuchen, einen Weg zu finden, um an diesem Trend teilzuhaben (oder damit umzugehen). 
Viele bieten spezielle Trainingsplätze an, um den Umgang mit einem Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) und Sonde zu üben. Die sogenannten avalanche-training-center gibt es in vielen Skigebieten und haben stark an Popularität gewonnen. Jede Bergsportschule bietet Lawinenkurse an. Sogar Sportshops, Skischulen oder Eventorganisationen haben das im Angebot. Die unermüdlichen Bemühungen dieser Organisationen, angehende Skitourengeher (sowie Schneeschuhwanderer und Splitboardgeher) sicher ins Hinterland zu bringen, sind nicht zu übersehen. In der Tat bieten sie der Ski- und Snowboard-tourengemeinschaft Möglichkeiten an, die es früher in der Schweiz nie gab. 
Die systematische Herangehensweise, die in diesen mehrstufigen Kursen angeboten wird, kann das Wissen über die Lawinensicherheit in kürzester Zeit top voranbringen. 
Für viele angehende Tourengeher ist der Besuch eines Lawinenkurses der erste logische Schritt im Ausbildungsprozess, aber leider ist das auch der Punkt, an dem er oft endet. Lasse mich das erklären. 

LVS Dokument

Die Kameradenrettung hat bei einem Notfall höchste Priorität! Die besten LVS-Geräte nützen dir nichts, wenn du im Notfall nicht schnell und effektiv damit umgehen kannst.

Deshalb möchte ich mein Dokument zur Handhabung und Massnahmen von einem Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS) in einem Notfall zur Verfügung stellen. 

PDF-Dokument


Ski- und Splitboardtouren ist eine anwendungsbezogene Fähigkeit mit vielen Nuancen. Die Leute kommen oft zu Lawinenkursen, weil sie Ski- oder Snowboardfahrer sind (zur Information: solide Grundkenntnisse im Ski- und Snowboardfahren sind ein Muss, um in einem Lawinen- oder Tourenkurs eine gute Erfahrung zu machen) und natürlich wissen, wie man geht. Hochsteigen mit dem Splitboard und sich auf dem Board bei unterschiedlichen Schneeverhältnissen bergab zu bewegen, sind völlig unterschiedliche Dinge. Viele denken, dass das fehlende Glied in der Kette das Verständnis für die Sicherheit im Schnee ist und besuchen deshalb einen Lawinensicherheitskurs. Das ist ein verständlicher Gedanke, aber bedauerlicherweise gibt er nicht das ganze Bild dessen wieder, was für die erfolgreiche Durchführung einer Tour erforderlich ist. Ich sehe da zwei Punkte, die jeder Tourengeher, egal ob Snowboarder, Skifahrer, Schneeschuhläufer oder Winterwanderer ist, sich überlegen soll.

Problem 1: Die fehlende Fahrtechnik

Das eigene Fahrkönnen wir vielfach überschätzt. Auch von Snowboardfahrer, die schon mehrere Jahre auf dem Board stehen. Auf der Piste oder beim Variantenfreeriden seine Schwünge zu ziehen ist nicht das gleiche wie bei einer Tour mit unterschiedlichen Schneeverhältnissen und das noch nach dem Hochsteigen. Vielleicht ist sogar die Sicht getrübt, und schon wird alles schwieriger. Wie viele können im steileren Hang (35° und mehr) sicher das Board drehen ohne grössere Rutschphasen dazwischen? Das ist nämlich auch sicherheitsrelevant. Wenn der Schnee dazu noch hart oder verkrustet ist, ist es wichtig die Geschwindigkeit schnell anzupassen. Wie sieht es bei Fahrten im Wald oder kupiertes Gelände aus? Schneller Kantenwechsel, ohne dass immerzu mit dem hinteren Fuss nachgeschoben wird? Denn das Drehen mit dem muskulären System (Gegendrehen) ist zwar effizient, aber sicher nicht kraftsparend, was beim Touren aber ein wichtiger Punkt ist. Was ist mit Traversen Fahren? Hast du Wadenschmerzen, wenn du länger auf der Backside traversieren musst? Wenn ja, liegt das an der Hardwareeinstellung und an deiner Technik. Ich bin überzeugt, dass die meisten von einem Techniktraining profitieren würden. Freeriden erlernt man auf der Piste und nicht während dem Touren.

Grundvoraussetzung Fahrtechnik:

  • Sichere Richtungsänderungen auf allen Piste und Verhältnissen
  • Schnelles Bremsen bei jeden Verhältnissen
  • Schwungformen mit Kanteneinsatz
  • Fakie Fahren (Basis)
  • Liftfahren, auch Teller und Bügellifte
  • Schwünge mit Hoch- und Tiefentlastung
  • Selbständiges Aufstehen, Back- & Frontside
  • Fliessende Backcountryruns
Eiger mit Snowboard
Eiger Westflanke, da braucht es gute Skills

Problem 2: Wissen um die Risiken und deren Konsequenzen.

Als ich vor etwa 18 Jahren mit meiner Tätigkeit als Splitboardguide begann, habe ich noch keine Lawinensicherheitskurse angeboten. Ich bot regulären Snowboardunterricht und Tourenkurse an, deren Schwierigkeitsgrad vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen reichte – was ich auch heute noch tun. Als die Lawinensicherheitskurse den Schneesportlehrer als Lehrschule zur Verfügung gestellt wurden, haben die meisten gerne damit begonnen, sie zu unterrichten – und ich tun es immer noch sehr gerne.
Es gibt also zwei Trends; einen, über den ich mich freue, und einen, der meiner Meinung nach angepasst werden muss. 

Risikomanagement

Ist man abseits der Pisten unterwegs, entsteht ein Risiko. Ob man es will oder nicht.

Risiko ist danach immer Teil eines Wagnisses. Es gibt kein Wagnis ohne Risiken. Risiken sind aber nicht zwingend mit einem Wagnis verbunden. Ein solches erfordert vielmehr zusätzlich eine persönliche Handlungsentscheidung.

Lawinenabgang
Lawinenrisiko ist nur eins von vielen


Mehr denn je wollen die Menschen vorsichtig an das Tourengehen herangehen und sind überzeugt, dass eine gewisse Ausbildung notwendig ist, bevor man sich ins Gelände wagt.
Dem kann ich nur zustimmen. Natürlich kann man eine sogenannte Ausbildung auch von einem Freund oder Mentor erhalten. Wähle deine Quelle nur sorgfältig aus. Wenn ich die Teilnehmer meines Lawinensicherheitskurse nach ihren persönlichen Kurszielen fragen, ist die überwältigende Antwort, dass sie bessere und sicherere Entscheidungen im Gelände treffen wollen. Das ergibt natürlich Sinn, aber es ist wichtig, daran zu denken, dass die Lawinensicherheit nur eine von vielen wichtigen Überlegungen ist, wenn man sich im Backcountry bewegt. Eine bedeutungsvolle, aber dennoch nur eine von vielen. Das erklärte Ziel meiner Tourenkurse ist es, die Kursteilnehmer so weit zu bringen, dass sie selbstständig eine Splitboardtour auswählen, planen und durchführen können. Diese Kurse sind gute Einführungen in den Sport und sind zu 100% bewegungs- und anwendungsorientiert. Sie behandeln Themen wie Ausrüstungswahl, Tourenplanung, Zeitberechnung, Navigation, Aufstiegstechniken, Faktor Mensch, Spursetzung, Notfallmanagement und vieles mehr sowie Kameradenrettung und sicheres Bewegen im Lawinengelände. Wie du dir sich vorstellen kannst, sind diese Kurse vollgepackt mit Informationen und wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine Einführung in die oben genannten Themen. 
Je nachdem, wo du deinen Lawinenkurs absolvieren, verbringst du bis zu 40% der Kurszeit in geschlossenen Räumen, was jedoch notwendig sein kann, um sich mit den Konzepten der Schneesicherheit vertraut zu machen.
Ich habe noch keinen Kursteilnehmer getroffen, der einen Lawinensicherheitskurs oder einen Tourenkurs besucht hat, der mir gesagt hat, dass dies eine Zeitverschwendung war. Die Frage aber stelle ich mir: Bereitet einer der beiden Kurse den Kursteilnehmer angemessen darauf vor, sich sicher und selbstständig ins Gelände zu begeben? Hier ist meine ehrliche Antwort:

Nein, nicht ganz. Aber sicher ein guter Anfang.
Hört sich so an, als wollte ich dich dazu bringen, für einen weiteren Kurs anzumelden – idealerweise einer von meinen? Nun, das mag so sein, aber meine Motivation kommt aus einem ehrlichen Grund. Ich bin der festen Überzeugung, dass Lawinenkurse der Stufe 1 dich nicht vollständig auf autarkes Reisen im Gelände vorbereiten. Das ist auch nicht das erklärte Ziel. Ein Einführungskurs in die Lawinenkunde soll eine gut strukturierte Einführung in das Lawinengelände und die Gefahrenerkennung bieten. Es ist ein Kurs zum Risikomanagement. Um von dieser wichtigen Grundlage zu einem autarken Tourengeher zu werden, musst du andere Fähigkeiten entwickeln, die in einem Tourenkurs vermittelt werden. Die Summe von einem Technikkurs, LVS-Fortgeschrittenenkurs und einem weiterführenden Lawinenkundekurs kombiniert aus eigener Erfahrung, führt zu erstaunlichen Ergebnissen für den Ski- und Snowboardtourengeher. Versuche also, wenn irgend möglich, die grundlegenden Elemente eines Lawinensicherheitskurses mit den Komponenten eines bewegungs- und anwendungsorientierten Tourenkurses zu kombinieren. Lasse dich weder den einen noch den anderen Kurs die einzige Ausbildung sein, die du auf deinem Weg zum kompetenten Tourengeher absolvierst. Belegen Kurse bei einer seriösen Quelle. Das kann ein Bergführer, ein Verein oder ein Freund sein. Vertrauen mir – es ist deine Zeit und dein Geld wert, in eine gute Ausbildung zu stecken.

Ich bin Niki Huwyler. Als Schneesportlehrer mit der risikorelevanten Zusatzausbildung gemäss RiskG freue ich mich, mit dir eine Ski-, Schneeschuh- oder Splitboardtour oder Variantenabfahrten oder ein Techniktraining zu unternehmen. In meinen Kursen erlebst und erlernst du das Wissen zum Touren.

niki the guide

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